AXEL SCHULTE
Fachanwalt für Arbeitsrecht
i. Urteile in anwaltlichen Fragen
1. Mandantenübernahmeklausel bei angestelltem Rechtsanwalt
LAG Niedersachsen Urteil vom 08.02.2013 (12 SA 904/12)
Leitsätze:
1. Eine mit einem angestellten Rechtsanwalt formularmäßig vereinbarte
Mandantenübernahmeklausel, nach welcher sich der angestellte
Rechtsanwalt verpflichtet, 20% der Nettohonorare, die innerhalb von zwei
Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrages mit Mandanten, die
während des laufenden Anstellungsvertrages betreut wurden, verdient, an
den vormaligen Arbeitgeber zu führen, ist unwirksam.
(Quelle : NZA - RR 7/2013 Seite 347 ff.)
− Unangemessene Benachteiligung des angestellten Rechtsanwaltes
gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
− keine Auskunftsverpflichtung, Verstoß gegen
Verschwiegenheitspflicht (§ 43 a Abs. 2 BRAO)
− offen BAG Urteil vom 07.08.2002 (NZA 2002, 1282 ff.)
2…..
2. Bestimmtheit des Titels bei gerichtlichem Vergleich
LAG Köln Beschluss vom 04.07.2013 (4 TR 155/13)
Klausel eines gerichtlichen Vergleichs:
„Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes,
qualifiziertes Zeugnis entsprechend der Schulnote" gut „auf der
Basis des im Antrag der Klageschrift vom... bezeichneten Zeugnisses zu erteilen."
− Genügt nicht dem Bestimmtheitserfordernis, um im Wege der Zwangsvollstreckung
Zeugnis mit bestimmten Inhalt durchzusetzen
Quelle NZA RR 2013, 490 ff.
1. Materielles Recht
3. Urlaubsrechtsprechung
Verzicht auf Urlaubsabgeltung durch Ausgleichsklausel im Vergleich
BAG Urteil vom 14.05.2013 (9 AZR 844/11)
Leitsätze:
1. Hat ein Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
tatsächlich die Möglichkeit, die Abgeltung des ihm zustehenden
gesetzlichen Mindesturlaubs in Anspruch zu nehmen, beschließt er
einen Vergleich mit einer Ausgleichsklausel, der zufolge sämtliche
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis „erledigt" sind, erfasst diese
grundsätzlich auch den Urlaubsabgeltungsanspruch. Der Wirksamkeit
einer solchen Vereinbarung stehen weder § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG
noch Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinien entgegen.
Quelle NZA 2013, Seite 1098 ff.)
Befristungsrecht
4. Sachgrundlose Befristung -
Rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung/Umgehung des Anschlussverbotes
BAG Urteil vom 15.05.2013 (7 AZR 525/11)
Leitsatz:
1. Zur Rechtfertigung einer sachgrundlosen Befristung kann
sich ein Vertragsarbeitgeber dann
nicht auf § 14 Abs. 2 I TzBfG berufen, wenn
er den Vertrag in bewusstem und gewolltem
Zusammenwirken mit dem letzten
Vertragsarbeitgeber des Arbeitnehmers ausschließlich
deshalb vereinbart hat, um
das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zu umgehen.
2. Bei einer solchen rechtsmissbräuchlichen Vertragsgestaltung kommt aber kein –
unbefristeter – Arbeitsvertrag mit dem letzten Vertragsarbeitgeber zustande
(Quelle: NZA 2013 Seite 1.214 ff.)
Sachverhalt:
− 2 Jahre sachgrundlose Beschäftigung bei Arbeitgeber A
− anschließend 15 Monate Arbeitsvertrag bei Leiharbeitgeber,
− durchgehende Weiterarbeit bei dem bisherigen Vertragsarbeitgeber am bisherigen
Arbeitsplatz
− Entfristungsklage und Weiterbeschäftigungsantrag gegen Rechtsnachfolger des
Vertragsarbeitgebers
5. Vorübergehender Einsatz von Leiharbeitnehmern
BAG Urteil vom 10.12.2013
Besitzt ein Arbeitgeber die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, kommt
zwischen einem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande,
wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AüG nicht nur
vorübergehend erfolgt.
− keine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 AüG
− auch nach Unionsrecht keine Sanktionen
− Regelung wirksamer/angemessener Sanktionen bei Verstößen gegen AüG-Sache des
Gesetzgebers
Quelle Pressemitteilungen BAG vom 10.12.2013 Nr. 73/13
Nachschieben von Kündigungsgründen ohne vorherige Anhörung des Arbeitnehmers
BAG Urteil vom 23.05.2013 (2 AZR 102/12)
Sachverhalt:
- Fristlose, hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung wegen des Verdachts betrügerischer
Auftragsvergabe.
- Spätere Feststellung einer fingierten Baurechnung für private Arbeiten.
Leitsätze:
1. Bei einem Rechtsstreit über ... Verdachtskündigung sind nicht nur die dem Arbeitgeber bei
Kündigungsausspruch bekannten tatsächlichen Umstände von Bedeutung. Später bekannt
gewordene Umstände, die bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen und den Verdacht
verstärken bzw. abschwächen, können ebenfalls berücksichtigt werden;
2. Daneben können auch solche Tatsachen in den Prozess eingeführt werden, die den
Verdacht eines eigenständigen - neuen - Kündigungsvorwurfs begründen. Voraussetzung ist,
dass es den neuen Kündigungsgrund bei Ausspruch der Kündigung objektiv schon gegeben,
dem Arbeitgeber nur noch nicht bekannt war.
3. In beiden Fällen bedarf es nicht der - erneuten - vorherigen Anhörung des Arbeitnehmers.
4. Neue bekannt geworden, bei Kündigungsausspruch objektiv bereits gegebene Gründe
können noch nach Ablauf der Zweiwochenfrist in den Prozess eingeführt werden.
(Quelle: NZA, 1.013 Seite 1.416 ff.)
7. Rückerstattung von Fortbildungskosten
BAG-Urteil vom 28.05.2013 (3 AZR 103/12)
Sachverhalt:
Rückforderung von Kosten der 2-monatigen Ausbildung (Musterberechtigung für bestimmten
Flugzeugtyp).
Ausbildungsende 18.10., Beginn des Arbeitsverhältnisses mit "erster Supervision Flugzeugtyp
D", Ausschluss der Kündigung vor Vertragsbeginn.
Keinen Erstflug bis 09.11.2007. Fristlose Eigenkündigung des Piloten
(Quelle: NZA 2013 Seite 1.419 ff.)
Leitsatz:
Klauseln in AGBs, die eine Rückzahlung von Ausbildungskosten für jeden Fall einer vom AN
ausgesprochenen
Kündigung vorsehen, ohne Kündigungen des Arbeitnehmers auszunehmen,
die aus
Gründen erfolgen, die in der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind,
benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen und sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB rechtsunwirksam.
8. Rechenaufgabe - Zum Knobeln oder Raten
Berechnung einer Teilvergütung für Monatsbruchteile
Sachverhalt:
Gehalt 2.200,00 € brutto.
Vergütungsanspruch für 1. bis Sonntag, den 21. Juli 2013
Juli 2013: 31 Kalendertage, 23 Arbeitstage, davon 15 Arbeitstage vom 1. bis 21. Juli
Wie wird die anteilige Vergütung berechnet?
a) anteilig nach Kalendertagen (21/31) Ergebnis: 1.490,32 € brutto
b) nach Kalendertagen pauschal 21/30 Ergebnis 1.540,00 € brutto
c) anteilig nach Arbeitstagen
− Basis pauschal 22 Arbeitstage/Monat Ergebnis 1.500,00 €
− Basis 21,5 Arbeitstage/Monat Ergebnis 1.534,88 €
− Basis 21,67 Arbeitstage/Monat Ergebnis 1.522,84 €
− Basis konkrete Anzahl von Arbeitstagen (15/23) Ergebnis 1.434,78 €
Auflösung:
1. Sächsisches LAG (Urteil vom 02.09.2011 - 3 SA 127/11):
Bruttomonatsvergütung geteilt durch 22 Arbeitstage mal 5 Arbeitstage als Berechnungsbasis
2. BAG Urteil vom 16.05.2012 (5 AZR 251/11)
Leitsätze:
1. Keine gesetzliche Regelung (anders als bei Entgeltfortzahlung)
Berechnungsweise: Pauschal Monatsvergütung geteilt durch 30 (Kalendertage) mal Anzahl der anteiligen Kalendertage
Quelle: NZA 2012 Seite 971 ff.